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Die Sprache der Astrologie

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Wer fremde Sprachen nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen. (Johann Wolfgang Goethe)

FragenDer heutige Zwillinge-Neumond, der Sprache, Kommunikation und Wissensvermittlung zum Thema hat, liefert uns eine gute Metapher für das Wesen der Astrologie. Sich mit Astrologie zu beschäftigen ist so, als würde man eine gänzlich neue und andersartige Sprache lernen wollen.

Motiviert von einigen Freundinnen und Freunden, die sich zwar sehr dafür interessieren, aber gegenwärtig sehr wenig von Astrologie wissen, richtet sich dieser Artikel vorwiegend an neugierige und interessierte AnfängerInnen der Astrologie.

Ich möchte in diesem Beitrag den Versuch unternehmen, die Astrologie in ihrer Komplexität so kurz und klar wie möglich zu erklären. Fände das ganze in einem persönlichen Gespräch statt, lautete das Anliegen vielleicht: wie erkläre ich meinem Freund Astrologie in einer Stunde, sodass er wenigstens die Grundprinzipien wirklich verstanden hat? Mir ist bewusst, dass ich mit einem solchen Vorhaben wahrscheinlich scheitern werde. Aber, passend zum Zwillinge-Neumond, kann ich es ja einmal versuchen. Insbesondere in den Zwillingen stehen ja Neugier, Versuch und Irrtum, das Sich-Ausprobieren und Forschen im Vordergrund.

Die Sprache der Astrologie folgt einer präzisen Grammatik, benutzt ein eigenes Vokabular und, wenn man die Metapher weiterführen möchte, gibt es in der Art wie bestimmte Sachverhalte richtigerweise zu beschreiben sind sogar so etwas wie eine Rechtschreibung. Zunächst muss aber etwas Grundsätzliches verstanden werden, was unserem materialistischen Zeitalter der Kausalitäten ein wenig fremd ist.

Das senkrechte Weltbild

Dieses Fremde ist das sogenannte senkrechte Weltbild. Wir haben es im Alltag fast überall mit Kausalitäten zu tun, von denen wir meist auch die präzisen physikalischen Gesetzmäßigkeiten kennen, sodass wir aus der Kenntnis eines Ereignisses auch Folge-Ereignisse ableiten können. Werfe ich beispielsweise einen Stein in einen See, so wird dieser zu Boden sinken und an der Wasseroberfläche konzentrische Wellen verursachen. Wenn ich meinem Chef ins Gesicht schlage, werde ich entlassen. Wenn ich drei Tage lang nichts trinke, werde ich sterben etc.

Dieses Weltbild aus Kausalitäten (Wenn-Dann-Beziehungen) bezeichnet man als waagrechtes Weltbild. Das Weltbild der Astrologie hingegen ist ein senkrechtes. Es besteht nicht aus Kausalitäten, sondern aus Sinnzusammenhängen, die C.G. Jung auch Synchronizitäten, also Gleichzeitigkeiten nannte. Wir gehen nicht davon aus, dass Planeten physikalisch irgendetwas bewirken, sondern davon, dass sie Zusammenhänge anzeigen, ähnlich wie das das Thermometer in der Wohnung tut. Ein alternativer Begriff für dieses Weltbild ist auch das analoge Denken. Dieses Denken entspricht weltanschaulich eher dem östlichen Denken (z.B.: Buddhismus, Hinduismus, Jainismus). Sehr einfach ausgedrückt, werden in diesem Weltbild Sachverhalte mit einem „UND“ verknüpft und eher seltener Kausalitäten hergestellt. Das analoge oder senkrechte Weltbild ist demnach eher beschreibend als bewertend.

Die Grundannahme der Astrologie lautet also, dass Dinge, die ähnlich sind, sinngemäß zusammengehören. Das ist besonders für wissenschaftlich geschulte Menschen schwer zu verstehen. Für sie ist schwer nachvollziehbar, was beispielsweise Begriffe wie „Kalk“, „Zähne“, „Stechpalme“, „Rabe“, „Alter“ oder „Knie“ miteinander zu tun haben sollen. Denn in der Naturwissenschaft ist es üblich, nach Klassen und Kategorien zusammenzufassen (z.B.: Tiere, leblose Objekte, Pflanzen, Körperteile, Krankheiten). In der Astrologie gruppieren wir jedoch nach Grundprinzipien oder Archetypen. Im genannten Beispiel hätten wir es mit dem Archetyp des Steinbocks zu tun. Dieser Archetyp, der übrigens nicht mit dem Tierkreiszeichen Steinbock verwechselt werden darf, repräsentiert das Harte, Kalte, Steinige, Dunkle, Klare, Fokussierte, Konzentrierte etc.

Die 12 Archetypen

Hier gilt es allerdings einem Missverständnis vorzubeugen. Wenn seriöse psychologische Astrologen von einem steinbockbetonten Menschen sprechen, so meinen sie damit einen Menschen, bei dem dieser Archetyp stark betont ist, etwa durch einen Aszendenten im Steinbock, eine Sonne im Tierkreiszeichen Steinbock oder durch mehrere Planeten im 10. Haus. Dennoch wissen wir, wenn wir eine solche Aussage treffen, dass dieser Mensch noch andere Planeten im Horoskop hat, vielleicht den Mond im Zeichen Krebs oder mehrere Planeten in Feuerzeichen. In der Persönlichkeit dieses Menschen mag dann zwar das Kühle, Fokussierte und Klare im Vordergrund stehen, allerdings gibt es noch eine Reihe weiterer Persönlichkeitsanteile, die wir nicht sofort sehen.

Wenn Zeitungshoroskope oder Esoterik-Channels im Fernsehen von Steinböcken sprechen, meinen sie damit meist nur das Sonnenzeichen (=Tierkreiszeichen vulgo Sternzeichen) und vernachlässigen alle anderen Konstellationen dieses Menschen. Das ist zwar legitim, aber eine grobe Vereinfachung, etwa so als wollte ich Menschen einzig und allein nach ihrer Hautfarbe und nichts sonst beurteilen!

Gut ausgebildete Astrologen werden für eine Deutung eines Horoskops im Mindesten den Aszendenten, den Herrscher von 1 (der Begriff wird im Abschnitt „Die Rechtschreibung“ erklärt) und die Sonne heranziehen. Das ergäbe übrigens bereits 12³ = 1728 Möglichkeiten der Kombination. Das nur zum Vorwurf mancher Astrologie-Skeptiker, wir würden den Menschen lediglich 12 unterschiedliche Typen zuweisen. Zusammen mit der Verteilung der restlichen Planeten ergäben sich hier in Wahrheit Millionen von Kombinationsmöglichkeiten.

Dethlefsen Senkrechtes Weltbild

Abb. 1. Archetyp Steinbock und Widder im senkrechten Weltbild.

In Abb. 1 sind weitere Begriffe aufgeführt, die zum Archetyp Steinbock oder Widder gehören. Die Liste stammt aus dem Buch „Schicksal als Chance“ von Thorwald Dethlefsen und wurde von mir geringfügig geändert und ergänzt.

Und weil das auch von Astrologen manchmal verwechselt wird: Der Archetyp umfasst in der Astrologie immer einen Planeten, ein Haus und ein Tierkreiszeichen. Der Vollständigkeit halber hier die Aufschlüsselung aller 12 Archetypen. An letzter Stelle ist immer das Tierkreiszeichen gemeint:

  • Archetyp Widder = 1. Haus, Mars, Tierkreiszeichen Widder
  • Archetyp Stier = 2. Haus, Venus, Stier
  • Archetyp Zwillinge = 3. Haus, Merkur, Zwillinge
  • Archetyp Krebs = 4. Haus, Mond, Krebs
  • Archetyp Löwe = 5. Haus, Sonne, Löwe
  • Archetyp Jungfrau = 6. Haus, Merkur, Jungfrau
  • Archetyp Waage = 7. Haus, Venus, Waage
  • Archetyp Skorpion = 8. Haus, Pluto, Skorpion
  • Archetyp Schütze = 9. Haus, Jupiter, Schütze
  • Archetyp Steinbock = 10. Haus, Saturn, Steinbock
  • Archetyp Wassermann = 11. Haus, Uranus, Wassermann
  • Archetyp Fische = 12. Haus, Neptun, Fische

Die 12 Archetypen und das senkrechte Weltbild gehören zu den elementaren Grundprinzipien der Astrologie. Die Differenzierung der Archetypen in Planeten, Häuser und Tierkreiszeichen ist wichtig für die Deutung von Horoskopen, wie im folgenden zu erläutern sein wird.

Die WWW-Regel

Damit kämen wir jetzt zur Grammatik der Astrologie und der Frage, wie interpretiere ich ein Horoskop? Was ist dabei zu tun? Am einfachsten geht das unter Anwendung der sogenannten WWW-Regel, die in diesem Fall nichts mit dem Internet zu tun hat, sondern einfach die drei Fragen: Was, Wo und Wie meint. Bei der Interpretation eines Horoskops folgen wir immer dieser WWW-Regel, um zu schlüssigen Deutungen zu kommen. Wobei die Frage Was (alternativ könnten wir auch „Wer“ fragen) auf den Planeten zielt, die Frage „Wo“ auf das Haus des Horoskops und die Frage „Wie“ auf die Zeichenstellung des Planeten.

Merkur in 5

Abb. 2. Merkur im 5. Haus.

Ein einfaches Beispiel möge das verdeutlichen. In Abb. 2 sehen wir den Planeten Merkur an einer bestimmten Position innerhalb des Horoskops. Zum besseren Verständnis, sind alle anderen Planeten und Aspekte ausgeblendet. Merkur steht hier im 5. Haus im Tierkreiszeichen Stier.

Bei Anwendung der WWW-Regel fragen wir zunächst: Was geschieht? Da es sich um Merkur handelt, wird hier kommuniziert, Information eingeholt, ausgetauscht, gehandelt, geforscht (das sind alles Merkur-Begriffe). Wo geschieht es? Im 5. Haus. Kommuniziert wird also auf der Bühne, als Möglichkeit des Selbstausdrucks und aus purer Lebensfreude (Begriffe des 5. Hauses). Und wie geschieht das alles? Auf handfeste, greifbare, sinnliche Art und Weise (das sind Begriffe des Tierkreiszeichens Stier).

Wir hätten also hier unsere erste Deutung: der Horoskopeigner kommuniziert (Merkur), um sich zum Ausdruck zu bringen (5. Haus), wobei er eine greifbare, vielleicht sogar sinnlich schöne Sprache (Stier) benutzt. Um dem Vorwurf vorzubeugen, dass diese Formulierung so allgemein gehalten ist, dass sie für jeden passen könnte, möchte ich hier ein kontrastierendes Beispiel anführen: Er lauscht in der Stille, um intuitive Eingebungen zu erhalten und diese auf klare und fokussierte Art zum Ausdruck zu bringen. Diese Deutung entspräche einer Merkurstellung im Steinbock im 12. Haus. In der Interpretation eines kompletten Horoskops müssen wir jetzt nur konsequent jede einzelnen Planeten-Stellung nach dieser Regel deuten und finden allmählich ein komplexes Bild der vor uns liegenden Persönlichkeit.

Zwillinge Archetyp

Abb. 3. Zwillinge-Archetyp und seine Interpretation im Horoskop.

Unter konsequenter Anwendung der WWW-Regel müssen wir die drei Ebenen des jeweiligen Archetyps unterscheiden lernen. Sehr vereinfacht ausgedrückt, können wir den Planeten als „handelnde Person“ begreifen, das Haus als Ort, wo etwas gemacht wird und das Tierkreiszeichen als die Färbung, wie etwas gemacht wird. Dementsprechend haben wir es beim Planeten immer mit Handlungsbegriffen (Tunwörtern) zu tun, beim Haus mit Funktionsbeschreibungen und beim Tierkreiszeichen mit Eigenschaftswörtern. Haben wir einmal gelernt, einen Archetyp (Bsp. Zwillinge) wirklich zu verstehen, können wir uns nach diesem Schema selbstverständlich auch eigene Begrifflichkeiten herleiten.

Astrologen, die sich stärker auf die griechische Mythologie beziehen, betrachten oft die einzelnen Gottheiten als handelnde Personen, weshalb ich oben geschrieben habe, wir könnten bei der ersten Frage statt „Was?“ auch „Wer?“ fragen. In diesem Fall würde Gott Merkur sich hier zum Ausdruck bringen und zwar auf stierhafte Weise. In der Beratung müssten wir das dann aber für den Klienten trotzdem wieder in der Sprache formulieren, die der Klient versteht. Für mehr bildhafte und kreative Menschen kann es durchaus passend sein, das Horoskop in Form eines griechischen Dramas zu erzählen und all die Interaktionen der einzelnen Planeten(-Götter) in schillernden Farben zu schildern. Für Klienten, die eher eine abstrakte Sprache gewohnt sind, werden wir jedoch anders formulieren müssen. Das sind aber bereits Feinheiten, die für die Beratung relevant sind und nicht für ein Grundverständnis der Astrologie.

Das Vokabular

Das Verständnis der Grammatik (WWW-Regel) brachte uns bereits einen großen Schritt weiter, weil wir mit ihrer Hilfe ein Werkzeug in der Hand haben, mit der wir im Grunde jedes Horoskop interpretieren können. Für die Deutung benötigen wir jedoch ein umfangreiches Vokabular. Ähnlich wie in einer Fremdsprache reicht es nicht, die Grammatik verstanden zu haben. Wir können uns erst dann differenziert und präzise ausdrücken, wenn unser Wortschatz möglichst groß ist. Und das Erlernen dieses Wortschatzes ist für den Anfänger der Astrologie mühsam und langwierig, weshalb es am Anfang erlaubt sein muss, Nachschlagewerke zu benutzen, von denen ich in den Literaturangaben am Ende des Artikels einige angeführt habe.

Für den Anfang mag es reichen, wenn wir für jeden Planeten, für jedes Haus und für jedes Zeichen zwei oder drei Begriffe kennen. Im Laufe der Zeit sollten wir aber für jedes dieser Prinzipien ein Vokabular von wenigstens 10 bis 20 Begriffen aufbauen, um uns wirklich differenziert ausdrücken zu können. Es ist dabei sehr hilfreich, jeden der 12 Archetypen im eigenen Radix (= Geburtshoroskop) genauestens zu untersuchen und so Erfahrungen und Begriffe zu sammeln, die für das eigenen Leben eine passende Beschreibung sein können. Mit zunehmender Zahl von Deutungsversuchen wird das Vokabular dann automatisch umfangreicher.

Geburtshoroskop (Radix) und Prognose-Horoskope

Was für Laien bisweilen verwirrend ist, ist die Anzahl der Horoskope, die wir in der Astrologie betrachten. Wir reden dann vom Radix, vom Solar, von Transiten, von Progressionen, von Relokationen, Neumondhoroskopen etc.

Als kleinen Exkurs möchte ich hier, da wir schon von Sprache reden, den Streit hinsichtlich des Artikels des Wortes Radix erwähnen. Radix ist lateinisch und bedeutet Wurzel. Der Duden sieht für dieses Wort den Artikel „die“ vor. Da wir aber in der Astrologie mit Radix, das Radix-Horoskop oder eben auch Wurzel-Horoskop meinen und weil der Duden sich mit dem Wort „Wurzel“ sicher nicht auf die Astrologie bezieht, halte ich den Artikel „das“ für passender. Im praktischen Gebrauch findet man sowohl „die Radix“ als auch „das Radix“. [Exkurs Ende]

Das Horoskop, das immer gleich bleibt, ist das Geburtshoroskop, das auf den genauen Zeitpunkt und Ort der Geburt berechnet wird. Es ändert sich nie. Auf dieses Horoskop können dann Transite, Progressionen etc. berechnet werden. Damit betrachten wir in der Astrologie zeitliche Verläufe. Wir möchten damit herausfinden, zu welchem Zeitpunkt unterschiedliche Anlagen des Geburtshoroskops aktuell werden.

Obwohl das Geburtshoroskops unverändert erhalten bleibt, beobachten wir ja auch im Leben, dass wir uns manchmal mehr auf berufliche Aufgaben konzentrieren und zu anderen Zeiten mehr um familiäre Angelegenheiten kümmern. Vielleicht haben wir finanzielle Herausforderungen zu bewältigen oder wir lernen gerade einen neuen Partner kennen. Solche Zeiten der unterschiedlichen Schwerpunkte können wir herausfinden, wenn wir die Planetenstände des Augenblicks mit unserem ursprünglichen Geburtshoroskop in Beziehung setzen. Bildlich können wir uns das wie auf einer Theaterbühne vorstellen, auf der mindestens 12 Schauspieler stehen, wobei der Scheinwerfer aber jeweils nur auf den handelnden und sprechenden Darsteller gerichtet ist, während alle anderen weiterhin da sind, aber im Moment eben nicht handeln oder jedenfalls nicht im Vordergrund stehen.

„Deiner Anlage entsprechend hast du das Potenzial…“ wäre ein Astrologen-Satz, der auf das Geburtshoroskop Bezug nimmt, während ein Satz wie: “ (…) in den kommenden Monaten ist die Zeitqualität besonders günstig für berufliche Veränderung“, auf einen wichtigen Transit beispielsweise im 10. Haus Bezug nimmt.

Eine gute astrologische Beratung wird immer genau auf das Anliegen des Klienten eingehen sowie auf die Anlage (das Potenzial, die Möglichkeiten, die besonderen Fähigkeiten) eines Menschen. Erst danach ist es sinnvoll, Entwicklungsblockaden und Individuations-Herausforderungen zu besprechen sowie auf aktuelle Themen der nächsten Monate einzugehen. Keine sinnvolle Horoskopdeutung stellt es jedoch dar, wenn der Astrologe einfach irgendwo mit der Interpretation beginnt und womöglich noch reichlich eigene Vorurteile mit einfließen lässt.

Für den Anfänger der Astrologie ist es ratsam, sich für sehr lange Zeit ausschließlich mit dem Geburtshoroskop zu befassen. Erst wenn die Grammatik (WWW-Regel) einwandfrei beherrscht wird und ein größeres Vokabular für jedes einzelne Element aufgebaut ist, erscheint es sinnvoll, sich auch an Prognose-Methoden (Transite, Progressionen, Solare, etc.) zu wagen und zeitliche Verläufe zu untersuchen.

Wie in anderen Disziplinen auch, sollten wir im Vorhinein wissen, was unsere genaue Fragestellung ist und mit welcher astrologischen Methode diese untersucht werden kann. Einfach wahllos astrologische Methoden anzuwenden, nur um am Ende meine eigenen Phantasien und Vorurteile zu bestätigen, ist jedenfalls keine sinnvolle Anwendung der Astrologie!

Die Rechtschreibung

Um die Metapher des Spracherwerbs zu vervollständigen, gilt es nicht zuletzt auch die Rechtschreibung der Astrologie zu berücksichtigen. Die Rechtschreib-Regeln einer Sprache legen fest, wie etwas genau zu schreiben ist, wann Groß- und Kleinschreibung zu benutzen ist, wann Beistriche gesetzt werden, wie Wörter genau zu schreiben sind und einiges mehr.

Ähnlich geht es in der Astrologie darum, nicht einfach irgendwo anzufangen und lediglich astrologische Sprache zu benutzen, ohne jede Struktur und ohne jedes Ziel. Ich habe es leider zu oft erlebt, dass bei astrologischen Vorträgen und Seminaren ein Horoskop an die Wand projiziert wird und dann kam es in etwa zu diesen Wortäußerungen:

„Ah, der Merkur!“

„Na klar, Pluto im Quadrat mit dem Mond!“

„Neptun in Konjunktion mit der Sonne. Ui, das ist sehr schwierig.“

„Und auch noch der Saturn! Nicht einfach…“

Haben Sie verstanden, worum es bei diesen Wortäußerungen gehen könnte? – Ich kann Sie beruhigen, die betreffenden, sogenannten Astrologen haben vermutlich auch nicht sehr viel verstanden. Obige Dialoge sind leider unter schlecht ausgebildeten Astrologen ziemlich typisch. Man wirft sich ständig Astrologen-Kauderwelsch um die Ohren und geht stillschweigend davon aus, der andere wüsste schon, was man meint. Leider ist dem ganz oft nicht so! Wie mein Lehrer, Peter Fraiss, einmal sagte: „Astrologen können sich ohne weiteres zwei Stunden über Saturn unterhalten, ohne draufzukommen, dass sie von völlig verschiedenen Dingen sprechen.“

Es ist weder sinnvoll noch hilfreich, einfach irgendetwas über die Konstellationen eines Horoskop daherzuplappern und schon gar nicht ist das hilfreich für Klienten, die gerade mit einem ernsten Problem zum Astrologen kommen und sich Unterstützung erwarten.

Die Interpretation eines Geburtshoroskops sollte daher einer ganz klaren Regel folgen, die mit dem Aszendenten (Anlage) beginnt, dann zur Sonne (Verwirklichung) weitergeht und schließlich das Ziel bespricht. Der Aszendent gibt darüber Auskunft, wie jemand „gemeint“ ist, was sein Potenzial ist und über welche Fähigkeiten er verfügt. Zu dieser Anlage oder diesem Potenzial gehören auch alle Planeten im 1. Haus, der Herrscher von 1 und etwaige Aspekte.

Der „Herrscher von 1“ meint jenen Planeten, der gewissermaßen für das Aszendentenzeichen zuständig ist. Im Tierkreis ist jedem Zeichen ein bestimmter Planet zugeordnet, der als Herrscher-Planet bezeichnet wird:

  • Widder: Herrscherplanet Mars
  • Stier: Venus
  • Zwillinge: Merkur
  • Krebs: Mond
  • Löwe: Sonne
  • Jungfrau: Merkur
  • Waage: Venus
  • Skorpion: Pluto
  • Schütze: Jupiter
  • Steinbock: Saturn
  • Wassermann: Uranus
  • Fische: Neptun

Die Stellung dieses Herrscher-Planeten in Haus und Zeichen ist besonders wichtig, weil sie wesentlich zur Anlage eines Menschen gehört.

Erst wenn wir die Anlage eines Menschen detailliert besprochen haben, kommen wir zur Sonne, der Art und Weise, wie ein Mensch seine Anlagen und Fähigkeiten in die Welt und in die Verwirklichung bringt. Etwaige Aspekte anderer Planeten zur Sonne ergänzen die Art und Weise, wie jemand an die Umsetzung seiner Möglichkeiten herangeht.

Erst nach der Besprechung der Anlage und Verwirklichung in der Beratung sollten wir weitere Planeten besprechen, die noch nicht vorgekommen sind.

Horoskopbeispiel Sigmund Freud

Radix Sigmund Freud

Abb. 4. Geburtshoroskop von Sigmund Freud, 6.5.1856, 18:30 Uhr (17:17 Uhr UT), Freiberg/CZ. Quelle: Astrodatabank, Rodden Rating: AA.

Ein Beispiel möge die konsequente Anwendung der Grundprinzipien (WWW-Regel, Anlage-Verwirklichung-Ziel) verdeutlichen. Wobei es mir hier nicht darum geht, die Biografie Sigmund Freuds nachzuzeichnen, sondern lediglich darum, die obigen Elemente der Sprache Astrologie konsequent anzuwenden. Einige Andeutungen mögen hier genügen.

Wir finden in diesem Geburtshoroskop einen Skorpion-Aszendenten. Das weist auf einen Menschen hin, der sehr bildhaft denkt und sich nicht mit Oberflächlichkeiten zufrieden gibt. Er hat das Potenzial in die Tiefe zu dringen und Abgründe zu erforschen. Die Stellung von Pluto (= Herr von 1) weist darauf hin, dass er das im Alltag tut und vielleicht sogar beruflich nutzt (6. Haus). Das geschieht auf eine greifbare, abgegrenzte Art und Weise (Pluto in Stier). Die Verwirklichung dieses Potenzials geschieht über Beziehungen und den Kontakt mit neuen Ideen (7. Haus) und zwar ebenfalls auf praktische Weise (Sonne in Stier). Wenn wir noch etwas über die Gefühle und Bedürfnisse dieses Mannes sagen wollten, stellen wir fest, dass auch dort ein Drang in die Tiefe und unter die Oberfläche (Mond im 8. Haus) zu finden ist, der vor allem durch Neugier (Mond in den Zwillingen) motiviert wird.

Diese sehr einfache Deutung wird bei gut ausgebildeten Astrologen überall auf der Welt etwa gleich lauten, selbst dann, wenn sie nicht wüssten, wem dieses Horoskop gehört. Insofern ist die Astrologie eine echte Sprache und auf ihre Weise universell anwendbar und verständlich. Erst wo wir eigene weltanschauliche (Vor-)Urteile einbringen oder uns mehr auf die Biografie eines Menschen als auf sein Horoskop beziehen, entstehen Verzerrungen und möglicherweise auch grobe Fehldeutungen.

Für den Erwerb der Sprache Astrologie ist, wie für jede andere Sprache auch, Zeit nötig. Eine mindestens zweijährige Ausbildung kann eine Grundlage schaffen. Darüber hinaus ist viel Übung und ständiges Praktizieren erforderlich, um diese Sprache schließlich flüssig sprechen zu können. Meiner Erfahrung nach hilft genaueste Selbstbeobachtung dabei, die einzelnen Archetypen und Energien quasi von innen zu erspüren. Die Beobachtung des eigenen Horoskops kann dann sehr erhellend sein, um zu eruieren, um welchen Teilbereich meiner Persönlichkeit es momentan gerade geht. Dies kann den Selbsterfahrungsprozess vertiefen und unterstützen, aber auch neue Einsichten gewähren, die ohne die Astrologie so nicht möglich wären.

Persönliche Beratung

Astrologische Beratung Stefan HofbauerFalls Sie von einer persönlichen Beratung profitieren wollen, rufen Sie mich einfach an oder schicken mir ein Email, um einen Termin zu vereinbaren. Weitere Informationen zu Ablauf und Rahmenbedingungen einer astrologischen Beratung finden Sie hier .

Bildnachweis

Die Bilder stammen von Pixaby, die Astro-Grafiken wurden mit der Software Sarastro erstellt.

Literatur

Dahlke, Rüdiger (2011). Die Lebensprinzipien. Wege zur Selbsterkenntnis, Vorbeugung und Heilung. Goldmann Arkana.

Dethlefsen, Thorwald (1979). Schicksal als Chance. Das Urwissen zur Vollkommenheit des Menschen. Goldmann.

Hamann, Brigitte (2011). Die zwölf Archetypen. Tierkreiszeichen und Persönlichkeitsstruktur. MensSana.

Meyer, Hermann (2006). Das Grundlagenwerk der psychologischen Astrologie. Erkenne deine Licht- und Schattenseiten und die deiner Mitmenschen. Trigon.

Riemann, Claus (2007). Der tiefe Brunnen. Astrologie und Märchen. Goldmann Arkana.



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